Von Mensch zu Mensch

Nun ist es schon zwanzig Jahre her, dass einige engagierte Leute den Verein Nachbarschaftshilfe Kreis 1 gegründet haben. Das wird gefeiert, am 5. Dezember im Kulturhaus Helferei an der Kirchgasse.

Wir sitzen in einem Raum im Obergeschoss des Kulturhauses Helferei: Anja Hefti, die Präsidentin, Katja Chmelik, die Vermittlerin, und Robert Imholz, langjähriges Vorstandsmitglied, und lassen die Geschichte des Vereins Nachbarschaftshilfe Kreis 1 Revue passieren. Vor genau zwanzig Jahren, am 23. November 1999, fand die Gründungsversammlung des Vereins statt. Lilo Dätwyler und Elisabeth Gasser waren die Initiantinnen für das Projekt, im Kreis 1 eine Nachbarschaftshilfe aufzubauen, Margrith Lüthi wirkte ab dem 1. Januar 2000 als Vermittlerin. Die Kirchen der Altstadt leisteten eine finanzielle Starthilfe, erinnert sich Robert Imholz, der von Beginn an dabei ist und für den Verein die Statuten erarbeitete. (Vor wenigen Monaten erst ist er aus dem Vorstand zurückgetreten.) Von Anfang an und bis heute geniesst die Nachbarschaftshilfe die Gastfreundschaft der Helferei: Die Vermittlerin empfängt hier zwei Mal pro Woche zwei Stunden ihre Gäste. Zunächst war das in einer Büroecke gleich neben dem Eingang, seit dem Umbau der Helferei in einem Raum im Obergeschoss, im Rosa-Gutknecht-Zimmer. Hier kann jeweils auch die Generalversammlung abgehalten werden, alles kostenlos, wofür die Nachbarschaftshilfe sehr dankbar ist.
Finanziert wird die Nachbarschaftshilfe durch die Mitglieder- und Gönnerbeiträge. Die Vermittlerin wird für ihre regelmässige Tätigkeit entlöhnt, alle übrigen Dienstleistungen erfolgen ehrenamtlich. Der Verein ist stetig gewachsen und zählt heute rund 200 Mitglieder.

Kreis 1 – und Riesbach
Bereits im ersten Jahr leisteten 18 Freiwillige – später ehrenamtlich Mitarbeitende genannt – über 900 Einsatzstunden. Das Einsatzgebiet war der Stadtkreis 1. Heute zählt die Liste der ehrenamtlich Mitarbeitenden 74 Namen. Im vergangenen Jahr wurden 143 Vermittlungen gezählt, 54 ehrenamtlich Mitarbeitende haben Einsätze geleistet, einmalige oder regelmässige. Seit drei Jahren betreut die Nachbarschaftshilfe Kreis 1 auch das Quartier Riesbach, wo derzeit keine Nachbarschaftshilfe besteht. Was natürlich eine Mehrarbeit für die Vermittlerin, aber auch für die freiwillig Mitarbeitenden bedeutet. So konnten im vergangenen Jahr 71 Klientinnen und Klienten Hilfe finden, 39 aus dem Kreis 1 und 32 aus Riesbach.
Interessant ist die Entwicklung bei den zustande gekommenen Einsätzen. War zu Beginn das Thema Kinderhüten zahlenmässig an der Spitze, wurde der Spitzenreiter später abgelöst durch das Hüten von Tieren. Heute dagegen steht das Gesellschaftleisten im Vordergrund: am häufigsten geht es um Besuche, spazieren gehen, vorlesen, Spiele machen, sonstige Freizeitaktivitäten. Am zweithäufigsten sind Haushalts-, Handwerks- und Gartenhilfen gefragt. Das Hüten von Tieren bringt es noch auf den dritten Platz.
Insgesamt haben die ehrenamtlich Mitarbeitenden im letzten Jahr 1670 Stunden in 950 Einsätzen geleistet. Davon je hälftig im Kreis 1 und in Riesbach. (Zählt man die Arbeit der Vorstandsmitglieder dazu, kommt man auf 1950 Stunden.)

Triagieren
Bei den Anfragen hat Katja Chmelik immer abzuwägen, ob das Anliegen bei der Nachbarschaftshilfe am richtigen Ort ist. Es gilt abzugrenzen gegenüber professionellen Dienstleistungen. Katja Chmelik: «Weder ist die Nachbarschaftshilfe ein Putzinstitut, noch kann sie medizinische Hilfe leisten. Auch Treuhanddienste gehören in professionelle Hände.» Sie hat eine Liste nützlicher Adressen, an die man sich wenden kann. So bietet etwa Pro Senectute Hilfe beim Ausfüllen der Steuererklärung etc. Die Vermittlerin macht die Triage: Was die Möglichkeiten der Freiwilligenarbeit übersteigt, leitet sie weiter. Sei es bezüglich der Regelmässigkeit, der Intensität oder der Verantwortung. Durchaus in Ergänzung der professionellen Dienste wie der Spitex kann die Nachbarschaftshilfe zum Einsatz kommen, etwa wenn es um die Freizeitgestaltung einer Person geht, die sonst einsam wäre.

Auch Junge sind gefragt
Die Präsidentin Anja Hefti zeigt sich sehr zufrieden mit der Entwicklung und der heutigen Situation der Nachbarschaftshilfe. Das Engagement für das Quartier Riesbach stellt noch eine Herausforderung dar, da gibt es noch einiges zu tun. Eine weitere Herausforderung: «Wie finden wir Ehrenamtliche, die zu unbequemen Zeiten bereit zu Einsätzen sind? Viele bevorzugen kurze Einsätze. Berufstätige sind in ihren zeitlichen Möglichkeiten limitiert.» Die Vermittlerin Katja Chmelik stellt fest, dass auch Seniorinnen und Senioren heute aktiv sind und sich lieber nicht zu regelmässigen Einsätzen verpflichten möchten. Anja Hefti hätte gern auch Jugendliche mit Know-how im technischen Bereich als ehrenamtlich Mitarbeitende. Sei es Computer, Drucker, Handy oder auch nur die TV-Bedienung: Hier stossen gerade ältere Menschen leicht an eine Grenze und wären froh um eine gewisse Hilfestellung. Beim Einsatz Jugendlicher könnte sich die Präsidentin auch vorstellen, dass die Empfänger der Hilfe eine kleine Anerkennung ausrichten würden.

Vernetzen
Katja Chmelik kann viele Müsterchen erzählen von gelungenen Vermittlungen. Etwa wenn zwei Menschen sich durch einen Einsatz kennenlernen und sich daraus eine Freundschaft entwickelt. Das ist dann eine grosse Freude. Anja Hefti hakt ein: «Darum geht es ja auch, sich gegenseitig Freude zu bereiten, von Mensch zu Mensch. – Es geht ums Vernetzen.»
Es gibt auch einige Expats, die ihre Dienste anbieten. So kann eine fremdsprachige Person beispielsweise jemanden von hier kennenlernen und im Austausch einiges über das Gastland erfahren. Und das Gegenüber kann profitieren von der anderen Sicht, kann vielleicht die Sprachkenntnisse anwenden und verbessern.
Anja Hefti: «Wir sind froh, dass es dieses Angebot gibt, dass die zwei Frauen damals den Mut hatten, diese Initiative zu ergreifen. Froh darüber, dass wir gebraucht werden.» Sie fügt an: «Wir leisten offizielle Nachbarschaftshilfe. Wir freuen uns natürlich, wenn Nachbarschaftshilfe spontan entsteht, etwa im eigenen Haus, ohne unsere Vermittlung. Das natürliche Mit- und Füreinander für ein gutes Zusammenleben. Manchmal braucht es uns zum Starten. Zwei finden sich und etwas kann daraus entstehen. Zusammenzuführen ist das Schöne.»

Elmar Melliger

Verein Nachbarschaftshilfe Kreis 1, Kulturhaus Helferei, Kirchgasse 13, Tel. 044 252 02 01. Kreis1@nachbarschaftshilfe.ch, www.nachbarschaftshilfe.ch. Bürozeit Montag 14.30 bis 16.30 und Donnerstag 17 bis 19 Uhr.


Präsidium, Vermittlerinnen

Die beiden Initiantinnen Lilo Dätwyler und Elisabeth Gasser wirkten die ersten drei Jahre als Co-Präsidentinnen. Danach versah Dieter Notz für zwei Jahre das Präsidium, gefolgt von Imperia Zamuner (vier Jahre), nochmals Elisabeth Gasser (vier Jahre), sodann Andres Bolliger für zehn Jahre. Seit diesem Jahr ist Anja Hefti die Präsidentin.
Als Vermittlerinnen tätig waren Margrith Lüthi (drei Jahre), Barbara Meyer (ein Jahr), Janine Binkert (fünf Jahre) und Evelyne Hänseler (sieben Jahre). Seit 2016 ist Katja Chmelik die Vermittlerin.
Bei den Vorstandsmitgliedern hat es viele Wechsel gegeben. Dagegen sind viele der ehrenamtlich Mitarbeitenden seit vielen Jahren dabei. Der Vorstand besteht aus der Präsidentin Anja Hefti, Ruth Frischknecht, Katrin Hefti, Rolf Landolt und Margrit Tappolet.    AK

 

Jubiläumsveranstaltung

Die Jubiläumsfeier zum 20-jährigen Bestehen ist am Donnerstag, 5. Dezember 2019 im Kulturhaus Helferei an der Kirchgasse 13, in der Kapelle.
Um 18 Uhr ist der Auftakt mit dem Altstadtchor.
18.15 Uhr Begrüssung und einführende Worte
18.30 Uhr Altstadtchor
18.45 Uhr Valentinos Traumtheater
19.15 Uhr Apéro und gemütliches Beisammensein.