Gar nicht oder im Schritttempo

In der Altstadt, mehrheitlich Fussgängerzone, wird verbotenerweise und zu schnell Velo gefahren. Statt wie signalisiert Vortritt zu geniessen heisst es daher für das Fussvolk ständig auf der Hut zu sein und auszuweichen. – Ungut.

Mit dem fulminanten Strassenrennen der Männer am Sonntag, 29. September 2024 ist die Rad-WM in Zürich zu Ende gegangen. Rad-Begeisterte feuerten die vorbeiflitzende Elite mit Zurufen und Applaus an, sogar das Wetter hat heiter mitgespielt. An gewissen Stellen erreichten die Radrennfahrer Tempo 80, wie man auf dem Bildschirm eingeblendet sehen konnte.
Szenenwechsel, Zürcher Altstadt, vor der WM, nach der WM. Auch hier
sind Velofahrende schnell unterwegs. Nicht mit Tempo 80, aber gemessen an den lokalen Verhältnissen fahren manche viel zu schnell. Und wo sie nicht sollten.

In der Fussgängerzone
In der Altstadt rechts der Limmat gilt fast überall die Fussgängerzone, auch Altstadtzone genannt. Das bedeutet ein Fahrverbot, mit den auf Schildern bezeichneten Ausnahmen. Zeitlich beschränkt ist die Zufahrt gestattet für den Güterumschlag oder zum Aus- und Einsteigenlassen, beispielsweise von 5 bis 12 Uhr. Zudem ist die Zufahrt gestattet für Hotellogiergäste zum Gepäcktransport, für Taxis auf Bestellung, für Berechtigte mit Bewilligung.
Dazu gibt es Velorouten durch das Ober- und das Niederdorf: Vom Limmatquai durch die Kirchgasse zum Hirschengraben, vom Limmatquai durch die Torgasse zur Rämistrasse, vom Limmatquai durch Marktgasse, Rindermarkt und Neumarkt zum Seilergraben sowie von der Mühlegasse über den Zähringer- und Predigerplatz zum Seilergraben. (Dies alles ist in umgekehrter Richtung viel bequemer zu haben, da es bergab geht.) Auf diesen Strecken ist Velofahren im Schritttempo gestattet.

Velofahren verboten
Umgekehrt heisst das: Überall sonst ist Velofahren verboten. Also in all den Parallel- und Quergassen zu den oben genannten. Also in der Chorgasse, Obmannamtsgasse, Predigergasse, Rehgässchen, Spiegelgasse, Froschaugasse…
Mit der Ausnahme, dass Anwohnende mit dem Velo von zu Hause weg und nach Hause fahren dürfen, im Schritttempo, auf direktem Weg zu oder von einer Strasse.
Nicht gestattet ist das Velofahren zum Beispiel auch am Limmatquai auf dem Trottoir. Schon gar nicht im Haltestellenbereich, um das Tram zwischen den wartenden Passagieren hindurch rechts zu überholen. (Das Tram mit dem Velo links zu überholen ist natürlich ebenso verboten und absolut lebensgefährlich.)

Gefährliche Situationen
Wer sich etwas Zeit nimmt und etwa am Neumarkt die Gasse beobachtet, kann leicht feststellen, dass die geltenden Regeln oft nicht eingehalten werden.
Die auf dem Velo wollen rasch von A nach B gelangen und nicht sich aufhalten mit Hindernissen aller Art. Viele lassen sich durch Verkehrsregeln nicht gross beeindrucken, schenken ihnen keine wesentliche Beachtung.
Erschwerend kommt natürlich die Steigung resp. das Gefälle dazu. Vom Seilergraben hinunter leistet die Schwerkraft ihren Teil und wer noch etwas in die Pedalen tritt, gleitet weiter vorn elegant über die kleine Anhöhe am Rindermarkt. Und schon geht es wieder runter, zum Limmatquai. Was will man mehr.
Die meisten sind ja rein eigennützig, ohne böse Absicht, unterwegs. Durch die Gassen blochende Velorowdys sind die wenigsten. Im Resultat ergeben sich trotzdem immer wieder gefährliche Situationen. Nicht auszudenken, was passiert, wenn mal jemand den Kinderwagen ohne sich vorzulehnen von einer Quergasse in die Fahrbahn rasant vorbeiflitzender Velos schiebt.
Auch die gegenseitige Gefährdung ist nicht ausser Acht zu lassen. Eine Anwohnerin erinnert sich an den Fall, ja an den Zusammenprall mit Sturz zweier Velofahrer. Der eine raste die Kirchgasse hinunter, der andere kam von rechts von der Münstergasse her. Beide setzten die Fahrt in der Ambulanz fort.

Regelverstösse melden
Auf Nachfrage beim Sicherheitsdepartement, was zu tun sei, erklärte der Sprecher, dass man Regelverstösse über die Nummer 117 melden solle. Dann könne die Polizei Kontrollen durchführen und das Recht durchsetzen.
Man könnte sich jetzt natürlich entspannen und feststellen, dass die Velostadt Zürich sich demnächst auf den Winterschlaf vorbereitet, mit dezimierter Anzahl Velofahrender in den nächsten sechs Monaten. Doch aus der Welt ist die Problematik deswegen nicht, Konfliktpotenzial und Gefahren bleiben bestehen.

Elmar Melliger