Bauprojekt im Nieder- und Oberdorf

Sechs Jahre sollen die bevorstehenden Bauarbeiten in der Altstadt rechts der Limmat dauern. Sie umfassen das ganze Nieder- und Oberdorf. Allerdings in Etappen, wie an einer Informationsveranstaltung zu erfahren war.

Der Saal des Restaurants «Weisser Wind» im Oberdorf war mit rund 200 Personen voll bis auf den letzten Platz, einige mussten mit Stehplätzen vorliebnehmen, am 1. November 2022. Das Thema des Abends stiess auf reges Interesse, ging es doch um ein die ganze Altstadt rechts der Limmat umfassendes Bauprojekt.
Wasserfontänen aus geborstenen Wasserleitungen, welche Gassen und Keller unter Wasser setzen, Gaslecks, die zu Explosionen führen könnten: Das alles gelte es zu vermeiden und deshalb müssten die Werkleitungen erneuert werden. Mit einem Schreckgespenst eröffnet die Moderatorin den Abend. Zwischenruf: «Hat es denn noch Gas?»
In der Folge informieren drei Personen darüber, was auf die Altstadtbevölkerung und das Gewerbe in den kommenden Jahren zukommen wird: Stadträtin Simone Brander, Vorsteherin Tiefbau- und Entsorgungsdepartement, Stadtrat Michael Baumer, Vorsteher Departement der Industriellen Betriebe, und der Gesamtprojektleiter Beat Vogler. Weitere Fachpersonen sind für Auskünfte im Saal anwesend.

Kurz und heftig
Stadträtin Simone Brander erklärt, das Tiefbauamt baue jährlich für rund 60 Millionen Franken, um die Infrastruktur zu erhalten, und dass das Bauen in der Stadt komplex sei. Zum vorliegenden Projekt sagt sie, dass während der Bauzeit die Zugänglichkeit von Gebäuden, Geschäften, Gastronomiebetrieben gegeben sei und dass Märkte und Veranstaltungen trotzdem stattfinden können. Ausserdem werde mit Rücksicht auf die sommerlichen Veranstaltungen und den Betrieb von Boulevard-Cafés vorwiegend in den Wintermonaten gebaut, mit einer Pause in den Wochen vor Weihnachten. Beim Bauen gelte es Rücksicht zu nehmen auf archäologische Zonen. Funde aus römischer Zeit, Gräber, Reste der Stadtbefestigung gelte es sauber zu dokumentieren. Der Bauperimeter reicht vom Central bis zum Bellevue, vom Limmatquai bis zu Hirschen- und Seilergraben. Wobei in Teil-Etappen gebaut wird, damit man nicht erschlagen wird von einer Mega-Baustelle. Die Bauzeit beträgt sechs Jahre, in den einzelnen Etappen werde kurz und intensiv gebaut. Start ist im kommenden Januar 2023, an drei Orten gleichzeitig, nämlich beim Central sowie am anderen Ende der Altstadt, beim Utoquai am Bellevue und ebenso in der Mitte, an der Münstergasse. Zu dieser ersten Bauphase gibt es eine weitere Informationsveranstaltung, am 2. Dezember 2022 (siehe unten).

Instandhalten
Stadtrat Michael Baumer führt aus, dass es darum gehe, die Infrastruktur zu pflegen und instand zu halten. Zu diesem Zweck hat man 20 Teilgebiete definiert. Vor 40 Jahren sind in Teilen der Altstadt die bis zu 100-jährigen Wasserleitungen bereits ersetzt worden. Der Sanierungsbedarf bei den Wasserleitungen nehme laufend zu, sagt Michael Baumer, durch Setzungen, Korrosion, Alterung treten Schäden gehäufter auf. Deshalb müsse nun gehandelt werden. Auch in der Altstadt, wo in engen Verhältnissen gelebt werde, wolle man dafür sorgen, dass die Wohn- und Lebensqualität erhalten bleibe, und die Versorgung sicherstellen.

Gasleitungen
Beim Gas steht die Sicherheit an oberster Stelle, es gelte Sach- und Personenschäden zu vermeiden. Das Ende der Lebensdauer der verlegten Gasleitungen gibt Michael Baumer mit 2028 an, also in absehbarer Zeit. Im Jahr 2016 hat «Energie 360°» bereits eine erste Etappe erledigt, am Rindermarkt.
Die zum Schluss der Arbeiten erfolgende Pflästerung hat das Kriterium «hindernisfrei» zu erfüllen. Zu diesem Zweck verlegt man in den Hauptgassen in der Gassenmitte einen breiten Streifen mit Steinen von glatter Oberfläche, was das Vorankommen mit Rollatoren und Rollstühlen erleichtert.
Während der Bauarbeiten werde geprüft, welche Energieträger künftig zu wählen seien. Diese Abklärungen dauerten bis 2027, womit es Ende der 2030er-Jahre an die Umsetzung gehen könne. Fernwärme lautet hier das Stichwort. Die Leitungen dafür bereits heute zu verlegen, das sei leider nicht möglich. Da gelte es Rohre von einem Meter Durchmesser zu verbauen. Wo könnten diese verlaufen, allenfalls durch Keller? Was ist mit der Archäologie?
Die Wasserleitungen liegen zuunterst, darüber die Gasleitungen und zuoberst die Leitungen für die Elektrizität. Es werden 9000 Meter Rohre gelegt und 11 000 Meter Kabel eingezogen.

Das Bauprojekt
Beat Vogler, der Gesamtprojektleiter, erläutert das Vorhaben im Einzelnen. Während sechs Jahren sind vier Werke an der Arbeit, in 15 Bauetappen: Tiefbauamt, Wasserwerk, Energie 360˚ AG (Gas) und Elektrizitätswerk. Wie erwähnt, wird in den Wochen vor Weihnachten pausiert, Feste wie das Dörflifäscht können trotz der Bauarbeiten stattfinden, die aktive Phase ist schwerpunktmässig in den Monaten von Oktober bis April. Rettungsgassen bleiben offen. Die ersten drei von Januar bis März/April 2023 bearbeiteten Baufelder heissen A2 (Central), K (Münstergasse) und N2 (Utoquai). Von Mai bis September folgt O2 (obere Kirchgasse): Dieses Feld liegt in einem Wohngebiet, weshalb hier in den Sommermonaten gearbeitet wird.
Wo möglich, erfolgt die Verlegung der neuen Rohre nach dem Inline-Verfahren: das neue Rohr mit kleinerem Durchmesser wird in das alte eingeschoben.
Für die Pflästerung in der Gassenmitte verwendet man die Pflastersteine «Moderna», mit glatter Oberfläche. Zwischen dem Verlegen der Leitungen und der abschliessenden Oberflächengestaltung können einige Monate liegen. Zu diesem Zweck werden die Baugruben provisorisch verschlossen, mit einem Asphaltbelag. Die Zugänglichkeit für die Anlieferung, aber auch für private Bauvorhaben bleibt gewährleistet.

Fragen klären
In der folgenden Fragerunde erhalten die Anwesenden Auskunft zu allgemeinen Anliegen. So erfährt man, dass die alten Pflastersteine (Granit aus der Schweiz) wiederverwendet werden und die neuen – «Moderna», Guber/Granit – aus Europa kommen. (Nicht wie bei der Neugestaltung des Limmatquais aus China.)
Ob zu erwartende Umsatzeinbussen im Gefolge der Immissionen irgendwie vergütet werden, möchte eine Ladenbesitzerin wissen. Leider nein. Durch möglichst kurze Etappen und Bauzeit im Winter versuche man die unerwünschten Auswirkungen so klein wie möglich zu halten. Aber Dreck und Lärm seien beim Bauen nicht zu vermeiden. Wobei eventuell elektrisch betriebene Bagger eingesetzt werden könnten, da sei man am Abklären. Ausserdem werden Baugruben mit Stahlplatten zugedeckt.
Wenn im Winter gebaut wird: Sind Heizunterbrühe zu erwarten? Nein, durch eine provisorische Gasleitung wird die Versorgung sichergestellt.
Eine Frage betrifft die Depots, wo kommen diese zu liegen? Die Lage der Bauinstallationen sei man gerade noch am Abklären, lautet die Antwort. Jemand will genauer wissen, weshalb es bei der Fernwärme so lange dauere. Nun, abgesehen von den oben erwähnten Abklärungen, wo die Leitungen zu liegen kämen, brauche es zuerst genügend Quellen, bevor man ganze Quartiere mit Fernwärme heizen könne, so lautet die Antwort. Bereits heute beziehen könne man Bio-Gas. Die ganze Stadt mit Solarenergie auszurüsten, das gehe leider nicht, weil es sich bei der Altstadt um ein schützenswertes Ortsbild handle.
Nachtarbeit, schliesslich, könne nötig sein am Limmatquai und am Seilergraben, wo man gewisse Arbeiten wegen dem Trambetrieb tagsüber nicht erledigen könne. Aber natürlich versuche man das wenn möglich zu vermeiden.
Im Anschluss an die Veranstaltung offeriert die Stadt einen Apéro und es bietet sich die Gelegenheit, sich mit weiteren Fragen und Anliegen direkt an die anwesenden Fachleute zu wenden.

Elmar Melliger


Am Freitag, 2. Dezember 2022 finden zwei Informationsveranstaltungen statt, die ersten Bauetappen von Januar bis April 2023 betreffend. Es geht um die drei Felder beim Central, an der Münstergasse und beim Bellevue. Von 8 bis 9 Uhr im «Starbucks» beim Central und von 9.30 bis 11 Uhr im «Gran Café Motta» am Limmatquai (für Münstergasse und Utoquai).
Aktuelle Informationen samt Terminen und einem Plan mit den einzelnen Baufeldern finden sich übrigens während der ganzen Bauzeit unter www.stadt-zuerich.ch/doerfli.