Nicolas Baerlocher

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Er ist mit 82 Jahren gestorben, Nicolas Baerlocher, der ehemalige, einmalige Kulturbeamte (Adjunkt beim Präsidialdepartement der Stadt Zürich), der – keine Übertreibung! – Zürich in einzigartiger Weise auf den Kulturtrip brachte. Er wohnte wenige Gassen von uns entfernt hinter seinem Hechtplatz-Theater. Ich war 1983 mit meinem ausgesprochen kulturaffinen Partner, dem Gemeinderat Hans-Ulrich Zbinden (1932-1995), an der Kirchgasse eingezogen.  Getroffen haben wir Nicolas Baerlocher meistens in den umliegenden Beizen, in der «Weissen Rose» zum Beispiel, ab 1999 auch bei Walter Hüppi (Gentner Weine). Häufig hatte er eine Schachtel mit den Einnahmen des Hechtplatz-Theaters bei sich, die er später im Stadthaus in Sicherheit brachte.
Als sein Leiter führte er auch Eigenproduktionen ein. Für seine  Lieblingsschauspielerin Anne-Marie Blanc liess er Werner Wollenberger texten, für Ruedi Walter zu dessen 70. Geburtstag Werner Düggelin Harald Pinters «The Caretaker» inszenieren, in dem Ruedi Walter als Hauswart brillierte. Zur Feier des 50-jährigen Bestehens des Hechtplatz-Theaters (2009), das nach Plänen des Zürcher Architekten Ernst Gisel im ehemaligen Feuerwehrhaus als Kleinkunstbühne eingerichtet worden war, erschien das Buch «Jetzt erst Hecht». Selbstverständlich war einer der Autoren Nicolas Baerlocher.
Aus dem Strauhof machte er das Literaturmuseum. Er «erfand» ziemlich im Alleingang das Theater-Spektakel auf der Landiwiese, die offiziell als viel zu abgelegen galt. Sein Horizont war wunderbar unzürcherisch weit: Eugène Jonesco, Peter Brook, Milva, Dario Fo, Gina Lollobrigida. Begeistern liess er sich aber auch von einem chinesischen Zirkus, den er anfangs der 1980er-Jahre in Paris für Zürich engagierte.
Die letzten Jahre lebte er zurückgezogen im sympathischen Männerheim der Johann-Heinrich-Ernst-Stiftung in Wollishofen.

Esther Scheidegger