Der Dorfplatz

Es war einmal ein Dorf, in dem ein munteres Völklein lebte. Zahlreiche Gaststätten und Trinkstuben trugen dazu bei, das Dasein erträglich zu machen und nach des Alltags Mühsal bei geselligem Beisammensein ein Gläschen zu heben. Nichts deutete darauf hin, dass dem frohen Treiben bald ein Ende gesetzt würde.
Doch eines Tages verbreitete sich jäh die unheilvolle Mär eines greulichen Siechtums, welches das ganze Gebiet in Angst und Schrecken versetzen sollte. Die Herrschenden des Landes benannten das Übel ein Pandemium und verfügten, dass sich alle hurtig ins stille Kämmerlein zu verkriechen hätten, ansonsten baldigst gewaltiger Unstern walten würde. Das Antlitz sollte nach Möglichkeit verhüllt werden, sobald sich mehr als eine Handvoll Leute unbefugt im selben Raum aufzuhalten gedächten.
Auch des Dorfes munteres Völklein tat folgsam wie ihm geheissen und man nahm gehorsam gehörig Abstand voneinander. Alsbald jedoch war ein immer heftigeres Murren zu vernehmen. Denn die Tore der Schänken und Stuben waren obrigkeitlich verriegelt, die Zapfhähne geschlossen. Was also tun? Sich im Kämmerlein alleine dem Trunke hingeben? Gemach, dachten da etliche weise, umsichtige Geister. Wessen wir bedürfen, so wurde gefolgert, ist ein Ort des Stelldicheins, kurzum ein Dorfplatz, wo sich das Völklein zu gemeinsamem, vergnüglichem Tun treffen kann. Eine Stätte des Austausches der Gedanken in dieser fiebrigen Zeit, man wollte erfahren, wie es den Nachbarn erging. Und selbstredend sollte auch zusammen der Labsal wieder etwas gefrönt werden dürfen, mit trockener Gurgel ist schlicht schlecht reden.
Und so begab es sich, dass flugs beim Brunnen des Stüssi Rudolf, dem farbigsten der einstigen Magistraten, Männlein und Weiblein sich nach und nach einfanden – der Dorfplatz ward geboren. Für das leibliche Wohl sorgte zunächst der ansässige Krämer mit seinen Gehülfen (wofür ihm allseits gedankt wurde), bald jedoch öffnete auch eine benachbarte Schänke einen behelfsmässigen Tresen. Immer öfter traf sich nun das Völklein beim Brunnen, es wurde disputiert und gelacht, gebechert und musiziert, die Landjägerei schaute vorbei und befand, dass dem Abstand Genüge getan sei. Und der umtriebige Chronist des Dorfes schuf eine grosse Zahl von Bildern des Geschehens auf dem Dorfplatz während des Pandemiums. Auf deren Veröffentlichung sich Felix ungemein freut.
Der Dorfplatz – eine märchenhafte Geschichte, die in die Annalen eingehen wird…

Felix