Hummus und Murmeli statt Spatz

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Seit 1989 verpflegen Rolf Salzmann und sein Team an der Gessnerallee in der denkmalgeschützten
ehemaligen Reithalle und ihrem wunderbaren Garten am Schanzengraben ein bunt gemischtes Publikum.
Danke, merci, grazie, graza fich.

Er ist wahrscheinlich der heimlifeisseste Gastro-Unternehmer von Zürich: Rolf Salzmann, 1955,
seit 30 Jahren Inhaber des Restaurants «Reithalle» an der Gessnerallee, der idyllischen Insel am
Schanzengraben. Ohne Salzmann mit seinen handfesten Visionen wäre das Lokal nie das geworden, was
es heute noch ist, nämlich ein Refugium für Zürcherinnen und Zürcher wie du und ich, sozusagen
für alle. Der Nonno bringt seine Enkel mit, Rentergrüppchen sind willkommen, weil sie schon
mittags gern ein Glas Wein trinken. Bürokolleginnen und -kollegen schätzen die Kalbsbratwurst vom
Grill (Fr. 18.50), aber auch den tollen Jaffna-Curry (Fr. 22.50/28.50), den eine Tamilin seit
Jahren für die «Reithalle» zaubert, mit Basmatireis und Raita. Und zum Dessert Ricotta-
Schoggichueche (Fr. 6.50). Hier feiert sich jeden Tag eine Internationale des unkomplizierten
Genusses.

Autoscooter auf dem Inseli
Rolf Salzmann, ein Seebueb aus Horgen, der vor der «Reithalle» in der «Roten Fabrik» aktiv war,
führte am Theater Spektakel auf dem Saffa-Inseli eine Beiz. Deren damaliger Autoscooter ist
unvergessen. In der «Reithalle» kochte er mit seinen Getreuen anfänglich in einem Zelt, die Küche
gab es erst etwas später. Die erste Investition der Stadt Zürich waren bescheidene 20 000
Franken…
Derzeit bietet die «Reithalle» 28 Vollstellen. Im Garten gibts 260 Plätze (ohne den Barbereich),
und drinnen 130. Das berittene Logo, das den Betrieb überwacht, stammt vom Bühnenbildner Silvano
Speranza.

Murmeli auf dem Teller
In der Küche wirken Stefan Pfattner und Denis Serbest. Sie kochen international, ambitioniert,
aber unverkrampft. Vier bis fünf Lehrlinge machen mit und erlernen dabei nicht
nur Genauigkeit, sondern auch Tempo und Ausdauer. Der Hummus mit Fladenbrot (Fr. 8.50) ist
köstlich, der Pulposalat mit Kartoffeln, Oliven, Zwiebeln, Stangensellerie, Tomaten und Peterli
(Fr. 14.50) ebenfalls, und die in Pergament gebackene Bremgartner Bachforelle (Fr. 29.50) hat
hier beinahe ein Heimspiel. Klassiker sind der Kalbshackbraten mit Rotweinjus, Gemüse und
Kartoffelstock (Fr. 20.50/26.50) wie auch – für hiesige Verhältnisse eher selten – das irische
Pferde-Entrecôte (Fr. 39.50). Die «Reithalle» führt eben auch ganz gern vor, wie
nonkonformistisch sie ist.
Fein schmecken der Bio-Epesses von Gilles Wannaz 2017 (Fr. 7.50) und der Rossobastardo IGT,
Cesarini Sartori aus Perugia 2015 (Fr. 7.50/53.–).
Toll der Maienfelder Blauburgunder Barrique von Markus Stäger 2017 (Fr. 62.–) und der Castello
Morcote von Tamborini Lamone 2013 (Fr. 76.–).
Dass es ab Mitte September eine Wildkarte gibt, ist den zwei Freunden des Hauses zu  verdanken,
die im Bündnerland auf die Jagd gehen.
Ihre Murmeli wollen wir unbedingt probieren, denn die sind im Unterland nicht leicht zu erhalten.
(Das Beste essen die Bündner eben gerne selber.) Die Zubereitung der kunstvoll ausgezogenen und
zerlegten Tiere ist ein wahres Kunststück, denn es gilt, sämtliches Fett wegzuschneiden. Dieses
würde den Geschmack verderben und wäre sowieso zu schade zum Essen. Es wirkt, wie der Aberglaube
der Bergler in Übereinstimmung mit den Theorien der urbanen Esoteriker sagt, hervorragend gegen
Rheuma, Tuberkulose und Arthritis, «und wahrscheinlich auch gegen Übergewicht, Haarausfall und
eingewachsene Nägel», wie der grosse Küchenkritiker Wolfram Siebeck einst gespottet hat.

Esther Scheidegger

Restaurant «Reithalle», Gessnerallee 8, 8001 Zürich,
Tel. 044 212 07 66, www.restaurant-reithalle.ch, Montag bis Mittwoch 11 bis 23, Donnerstag und
Freitag bis 24, Samstag 12 bis 24, Sonntag 18 bis 23 Uhr.