«Getruckt zů Zürich»

Wie denn nun? Diesen Titel kennen wir doch schon! Ganz richtig: Er steht bereits über der Sonderausstellung der Zentralbibliothek zur Zürcher Druckerei Froschauer, die bis Ende April im Chor der Predigerkirche zu sehen ist und in der Februarausgabe des Altstadt Kuriers besprochen wurde.
Unabhängig und völlig unbeeinflusst vom Ausstellungs-Team der ZB kamen die Projektleiter einer neuen Dauerausstellung im Grossmünster auf die gleiche prägnante Überschrift; und die passt zu den hier gezeigten Exponaten genau so gut wie zur Froschauer-Schau der ZB.
Den Inhalt der am 23. März eröffneten kleinen Ausstellung im Grossmünster bildet die wertvolle Sammlung von Bibeln und weiteren alten Drucken, die sich seit 1943 im Besitz der Kirchgemeinde befindet. Bisher in Bücherkasten in der Sakristei abgeschlossen aufbewahrt, wird sie nun erstmals der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Auf der Empore in zwei Nischen links und rechts von der Orgel können ausgewählte Bücher daraus bewundert werden. Knappe Informationen dazu lassen sich auf Tablets abrufen, die auch das Blättern in einzelnen Bänden erlauben. Die Nische mit dem Titel «Wortwelten» enthält eine Reihe von Bibeldrucken von der allerersten deutschen, noch auf der Übersetzung Luthers basierenden Zürcher Ausgabe des Neuen Testaments von 1524 bis zu der von Orell, Gessner und Füssli 1772 gedruckten Folio-Bibel, die sprachlich überabeitet und im Sinne der Aufklärung mit einem Sachregister und Reallexikon zu biblischen Grundbegriffen ausgestattet wurde. Zu sehen sind auch die ersten protestantischen Bibelübersetzungen in französischer, italienischer und rätoromanischer Sprache. Die frühesten reformatorischen Flugschriften Zwinglis und die Akten der Badener und Berner Disputation ergänzen diesen Ausstellungsteil.
Die zweite Abteilung «Bildwelten» veranschaulicht die Einstellung der Reformatoren zu den Illustrationen der Bibelausgaben. Pezzo grosso ist hier einmal mehr die Zwingli-Bibel von 1531 im Folio-Format. Mit seinen durchwegs original in der Zeit kolorierten Holzschnitten gehört das gezeigte Exemplar zu den ganz wenigen noch erhaltenen Drucken mit so kostbarer Ausstattung.
Ein weiteres Highlight ist das frühe antipäpstliche Propaganda-Blatt der «göttlichen Mühle», dessen Inhalt im Tablet gut verständlich beschrieben wird. Anhand der Gipsabgüsse der am Karlsturm angebrachten monumentalen Figur Karls des Grossen, der Darstellung Karls auf einer 1519 gestifteten Glasmalerei sowie der Reproduktionen des Zürich-Bildes vom Felix-und-Regula-Altar um 1500 lässt sich Zwinglis Argumentation zur Ablehnung der Heiligenbilder nachvollziehen. Mit originellen heutigen Mitteln nimmt eine bewegliche Videoprojektion des Künstlerpaars Gabriela Gerber und Lukas Bardill Bezug auf die Bibelillustrationen.
«Getruckt zů Zürich» bleibt als Dauerausstellung im Grossmünster bestehen und bildet einen willkommenen Beitrag der Erinnerung an die Reformation und ihre Folgen am Ort des Geschehens.
Die 39 Stufen der etwas halsbrecherischen Wendeltreppe im Glockenturm sollten nicht vom Besuch abhalten, andernfalls ist die Aufsicht auch gerne bereit, den bequemeren Aufgang zur Empore im hinteren Seitenschiff zu öffnen.   

Matthias Senn


Öffnungszeiten: Montag und Samstag 10 bis 16.30, Mittwoch und Freitag 12 bis 16.30, Donnerstag 12 bis 16, Sonntag 12.30 bis 16.30 Uhr, Dienstag geschlossen.