Bring- und Holtag auf der Gemüsebrücke

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Die Altstadt-Entrümpelung findet seit 1992 alljährlich statt, organisiert vom Altstadt Kurier, durchgeführt mit Entsorgung+Recycling Zürich (ERZ) – zu Beginn noch Abfuhrwesen der Stadt Zürich (AWZ) – und unterstützt durch die Quartiervereine. Nun gibt es eine Änderung, neu liegt der Fokus verstärkt auf dem Bringen und Holen von noch brauchbaren Gegenständen.

Es ist noch früh, 9 Uhr morgens, erste Quartierbewohnerinnen und -bewohner wagen sich auf die Gemüsebrücke. Die Temperatur liegt noch im unterirdischen Bereich, bei 7 Grad, eine Woche zuvor hat sie noch 28 Grad erreicht. Und wen wunderts, gleich setzt zur Abkühlung ein Nieselregen ein.
Das Setting ist wie gewohnt bei der Altstadt-Entrümpelung: rechts das Kehrichtfahrzeug für das Sperrgut, links eine Mulde für Altmetall. Auf dem Platz dazwischen sammeln sich noch brauchbare Gegenstände an und warten auf eine Mitnahmegelegenheit.
Doch halt, diesmal ist etwas anders. Steht da doch ein Fahrzeug mit hochgeklappter Seiten- und Rückwand, darin ein Gestell. Es ist das «Tauschmobil» von Entsorgung+Recycling Zürich (ERZ). Hier können kleinere Dinge deponiert, zur Mitnahme durch jemand anders bereitgelegt werden. Das ERZ ist diesmal gleich mit fünf Personen präsent, die drei FahrerInnen der Fahrzeuge und mit Markus Salzmann und Konstantin Ziogas mit zwei Fachleuten, welche Fragen zur Kreislaufwirtschaft und rund ums Entsorgen und Recyceln beantworten. Ausserdem haben sie Infotafeln dabei, um das Ganze zu veranschaulichen.
Noch etwas ist anders. Mit Heinz Ryter ist ein Vertreter der «Flick-Bar» an der Predigergasse vor Ort, der mit Rat und Tat zur Seite steht, wenn es um die Reparierbarkeit mitgebrachter Objekte geht.

Lebhaftes Gewusel
10 Uhr, der Regen hat aufgehört, es ist trocken und die Temperatur steigt gegen 12 Grad, eine merkliche Verbesserung, es ist vergleichsweise geradezu angenehm. Und schon beginnt es zu wuseln auf dem Platz, es ist neben den Ständen des Wochenmarktes wegen der Baustelle der Rathauswache eng und man kommt leicht in Kontakt miteinander. So findet Mitgebrachtes leicht Abnehmer, es herrscht ein ständiges Kommen und Gehen.
Weil den Leuten von ERZ klar ist, dass man – diesmal eigentlich nicht vorgesehenes – Sperrgut nicht wieder nach Hause schleppen will, sind sie kulant und mitgebrachter Gerümpel kann anstandslos in den Schlund des Kehrichtlastwagens geworfen werden.
Und es gibt sie wieder, die schönen Momente, wo jemand sich besonders freut über eine Trouvaille, ein Bild, ein Stuhl, ein Gesellschaftsspiel, Bücher, eine Jacke, ein Fitnessgerät, Spielsachen, ein Kindervelo…
Gegen das Ende der Veranstaltung, auch diesmal wieder ein Happening, kommen Leute von der Brockenstube Frosch an der Froschaugasse und nehmen für sie Verwertbares mit. Erst dann, als es wirklich Zeit wird, gegen 13 Uhr, landet das restliche Material im Kehrichtfahrzeug oder in der Altmetall-Mulde zur Entsorgung.
Zuletzt landen so 1600 Kilogramm Sperrgut in der Verbrennung und 380 Kilogramm Altmetall sind in der Mulde. Im letzten Jahr, wegen der unterschiedlichen Voraussetzungen eigentlich zwar nicht vergleichbar, waren es 4820 kg Brennbares und 1200 kg Metall.

Mobiler Recyclinghof
Wie weit konnte mit dem neuen Fokus Abfall vermieden, ein Schritt in die richtige Richtung getan werden, wo doch nur ein Drittel vom Vorjahr entsorgt werden musste zum Schluss der Veranstaltung? Die Frage lässt sich nicht beantworten.
Doch für alle, die zu Hause zähneknirschend auf ihrem Sperrgut sitzen geblieben sind, und für alle anderen im Kreis 1 gibt es eine gute Nachricht. Gerade zwei, drei Tage vor dem Bring- und Holtag nämlich hat das ERZ sämtliche Bewilligungen erhalten, um im Kreis 1 einen sogenannten «mobilen Recyclinghof» einzurichten. Dabei handelt es sich um eines der verschiedenen Angebote des ERZ (Auflistung im Altstadt Kurier, Augustausgabe), das an mehreren Orten in der Stadt, neu auch in der Innenstadt, durchgeführt wird.
Beim Bürkliplatz zwischen der Stadthausanlage und dem Stadthausquai nämlich, auf dem Platz vor dem mächtigen Geiserbrunnen, richtet das ERZ einen mobilen Recyclinghof ein, einmal monatlich an einem Nachmittag. Dort können Waren zum Tausch angeboten oder gratis entsorgt werden.
Konkret reiht man sich bei den allenfalls Wartenden ein, geht beim Tauschmobil vorbei, wo man Brauchbares deponiert und vielleicht umgekehrt etwas Interessantes zum Mitnehmen findet, und gelangt zuletzt zum Kehrichfahrzeug, zur Entsorgung von mitgebrachtem Gerümpel (Möbel, Elektrogeräte, Metall, Sperrgut – jedoch Sonderabfall, Papier, Karton, Glas bitte recyceln wie bisher). Wer Schweres zu transportieren hat – Autos sind hier nicht erlaubt – kann sich vor Ort einen Handwagen ausleihen.
Erstmals findet der mobile Recyclinghof statt am Mittwoch, 23. Oktober 2024, dann am Montag, 18. November, am Montag, 16. Dezember etc., jeweils von 15 bis 19 Uhr (siehe auch https://www.stadt-zuerich.ch/mobiler-recyclinghof).
Die Frage stellt sich, ob sich unter den gegebenen Umständen, mit dem attraktiven neuen Angebot, die Durchführung einer Altstadt-Entrümpelung – pardon: eines Bring- und Holtages – überhaupt noch «lohnt», ob weiterhin ein Bedarf besteht.
Nun ja, man wird sehen. Wenn, dann noch stärker als bisher schon, als coole Veranstaltung, als Quartier-Happening.

Elmar Melliger