Kulturelle Trunkenheit

«Reality is an illusion caused due to the lack of alcohol.» Diese profunde Weisheit vernahm Felix vor langer Zeit aus dem Munde eines zugegebenermassen schon leicht angetrunkenen irischen Zechers in einem Pub in Galway, dessen Name ihm entfallen ist. Auf deutsch (für die nicht anglophile Leserschaft): «Die Realität ist eine Illusion, hervorgerufen durch einen Mangel an Alkohol.» Nun ist Felix bekanntlich einem Gläschen, und hin und wieder auch mehreren, durchaus nicht abgeneigt, aber obiger «Weisheit» würde er nur sehr zögerlich zustimmen.
Die irische Trinkfestigkeit scheint ja schon beinahe zum nationalen Charakter zu gehören und wird in unzähligen Liedern wie etwa «Whiskey in the Jar» oder «Seven drunken Nights» richtiggehend gefeiert. Dass die grösste irische Brauerei an ihrem Marketing-Slogan «Guinness is good for you» seit Jahrzehnten festhält, festigt wohl die Beweislage.
Irland und die Iren haben Felix seit jeher fasziniert und diese Begeisterung teilte er sich mit Rolf Willi, dem leider allzu früh verstorbenen Freund und genialen Schöpfer des Beno-Comics im Altstadt Kurier.
Rolf war auch ein leidenschaftlicher Fischer und entwich dem hiesigen Alltagstrott meist mehrmals im Jahr, um im Shannon, dem längsten irischen Fluss, Hechte zu fangen. Nun ist es bald zwei Jahre her, dass Rolf uns verliess und Felix ist wohl nicht der Einzige, der ihn immer noch schmerzlich vermisst. Ruhe weiter in Frieden, mein Freund, wir werden dich nicht vergessen.
Wie kaum ein anderes Land hat Irland eine für seine Grösse unglaubliche Menge an kulturellem Schaffen hervorgebracht. Sei es Musik mit Rory Gallagher, Thin Lizzy, Van Morrison oder U2, sei es Malerei mit Francis Bacon, Jack Butler Yeats oder John Lavery oder sei es Literatur mit Samuel Beckett, Oscar Wilde, Brendan Behan oder natürlich dem Grössten der Grossen – James Joyce. James Joyce, der den Ersten Weltkrieg weitgehend in Zürich verbrachte (von ihm stammt offenbar die Aussage, Zürich sei so sauber, dass man eine Minestrone direkt vom Boden der Bahnhofstrasse auflöffeln könne…) und an seinem Meisterwerk Ulysses arbeitete. Nach dem Krieg residierte er hauptsächlich in Paris, um nach der deutschen Besetzung Frankreichs wieder nach Zürich zu ziehen, wo er 1941 mit knapp 59 Jahren starb.
Joyces Grab befindet sich im Friedhof Fluntern und Felix bemüht sich, wenigstens einmal im Jahr einen Besuch abzustatten – wo er sich dann stets vorzustellen versucht, wie sauber wohl die Bahnhofstrasse in den 1910er-Jahren gewesen sein muss.

Felix