«Haus zum Garten»

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Dass an der Rämistrasse hinter einer Villa aus dem 18. Jahrhundert ein privater denkmalgeschützter Garten liegt, der sich bis zum Bahnhof Stadelhofen erstreckt, erwartet kaum jemand. Unsere Gastgeberin Silvia Weber schildert lebhaft seine sorgfältig recherchierte Geschichte und führt die rund 25 Gäste am 1. Juli 2021 auf einem Spaziergang über verschiedene Wege durch den verträumten, 3000 Quadratmeter grossen und mehrheitlich naturbelassenen Park.

Sonnenbeschienene Naturwiesen mit Zierdisteln und Schafgarben, Nachtkerzen und Schwertlilien wechseln sich ab mit Rasenflächen und kühlenden Baumgruppen. Auf verschiedenen Niveaus schaffen Plätzchen und Terrassen, umgeben von Blumen und Stauden, Rückzugsorte. Neben Rosen duften über einer Natursteinmauer Kräuter und Lavendel, dahinter klettert Efeu über die Holzwand. Am Aprikosenspalier reifen bald die ersten Früchte. Schattenverträgliche Pflanzen weben einen grünen Teppich unter dem Dach der imposanten Bäume.

Da lässt sich leicht vergessen, dass unter dem Garten der Stadelhofer S-Bahn-Tunnel liegt, bei dessen Bau in den 1980er-Jahren 17 der prägenden Bäume des Parks zum Opfer fielen und nach Ende der Bauarbeiten mit bereits sehr grossen Solitärgehölzen unter schwierigsten Bedingungen ersetzt werden mussten. Der passionierte Gärtner Romano Romantini von Tanner Gartenbau begleitet uns freundlicherweise und spricht begeistert über die Bäume und sonstigen Pflanzen im Garten.

Zwei der Bäume in Hausnähe haben die Bauarbeiten am S-Bahn-Tunnel überlebt, der eine ist eine zweifarbige Rosskastanie, sie sind beide etwa 160 Jahre alt. Die Terrasse vor der herrschaftlichen Villa aus den 1720er-Jahren, wo Efeu über die Mauer kriecht, Rosen am Geländer ranken und ein Geissblatt seinen betörenden Duft verströmt, erinnert an den damals teilweise barockähnlichen Gartenstil. Davor öffnen die ersten Herbstanemonen ihre Blüte. Mitte des 17. Jahrhunderts wurde das Haus zum Garten erstmals erwähnt, vermutlich wurden damals die ersten Kunstgärten angelegt. 1860 hat der Gartenarchitekt, der auch den Park der Villa Patumbah geschaffen hat, den Landschaftsgarten angelegt.

Am gusseisernen Verandaanbau an der Südseite, in dessen Schatten wir nun ein Glas Wein geniessen, rankt eine mächtige Glyzinie empor. Sie ist 115 Jahre alt, damit die zweitälteste der Stadt und vielleicht des Landes.

Wie viel Ruhe strahlt dieser idyllische Garten doch aus! Der Familie Weber sei herzlich gedankt dafür, dass sie uns diesen Besuch in ihrer Oase ermöglicht hat.


Christina Zehntner