Jubilar und Bräutigam

Ottilie durfte erleben, wie Bennos Loderers Geburtstagsparty zur rauschenden Hochzeit mutierte.

Ottilie liebt die grossen Gesten. Und es drang tief in ihr fühlendes Herz, als die runde Geburtstagsfeier Beno Loderers einem Hurrikan gleich ohne jede Vorwarnung um mindestens zwei Stärkeklassen an emotionaler Schwungkraft zulegte – doch davon erst am Ende. Begonnen hat es mit einem Aufmarsch an
illustren Gästen, deren Namen sich in einer Liste säuberlich klassifizert und nach den diversen Lebensphasen des Jubilars in Rubriken unterteilt aneinanderreihten. Ottilie fand sich – wen wunderts – in der Rubrik Lose Vereinigung Barkante und notierte Züsi und Dieter Henne, Remy und Anne Roos, Felix Rennhard und Daniela Giacometti, Romie und Gabriel Droz, Margrit und Peter Baur, Helen Gerber, Elsbeth und Andreas Farner, Barbara Bornhauser und Elsa Feurer, um nur ein paar wenige der klingenden Namen hier beiläufig fallen zu lassen. Die Lokalität war mit dem Cabaret Voltaire geschichtsträchtig, befand man sich doch an einem Ort, wo einst Poeten sprachen: «Dada ist die Sonne, Dada ist das Ei. Dada ist die Polizei der Polizei.» Und natürlich passte sich die Stillage der Produktionen ganz der rebellischen Sinn- und Kriegsverweigerung der dadaistischen Urmütter und -väter an – etwa als Annemarie Korn und Peter Keck zu einer mitreissenden dadaistischen Performance ansetzten und den Jubilar in Versen wie dem folgenden hochleben liessen: «Soll er denn in Bern vermodern? Nein! Er will in Zürich lodern!» Und als alles schon gesagt zu sein schien und im Buffet die ersten Lücken klafften, da schraubte sich die Feier – um es in den Vokabeln der mittelalterlichen Schriftdeutung zu sagen – von der historischen auf die allegorische Sinnebene hinauf, wurde doch plötzlich von einer Dame, die sich als Brautzeugin entpuppte, enthüllt, dass sich der Jubilar mit Nanette Fusenig vermählt hatte – womit die rauschende Geburtstagsparty zum ergreifenden Hochzeitsfest reifte.