Chopf, Füess und Eier

Was die neu aufgelegten Gastrobibeln «Gault/Millau» und «Guide Michelin» über Lokale im Kreis 1 zu berichten haben.

Der erste Eindruck. Die Tester des «Gault/Millau» sind weniger beisslustig, und der «Guide Michelin» ist ohne Brille kaum mehr zu lesen. Was weniger am Satzspiegel des Guides liegt als an den steigenden Dioptrien des Schreibers.
Dann die Neuigkeiten. Sechs Lokale werden erstmals oder erneut erwähnt. Im «Gault/Millau» sind das «Mövenpick 20/20» mit 14 sowie «Rechberg» und «Storchen» mit je 13 Punkten. Im «Michelin» sind das «Gattopardo» (im Hotel Rössli), der «Rüden» und das «Spitz» im Landesmuseum.

Die Köche unseres Vertrauens
Und dann zwei Wörter, die ich nachschlagen musste: «Onsen-Eier» und «Hamachi». Beides eignet sich weniger für die Normküchen in der Altstadt, ausser sie verfügen über eine heisse Quelle, um ein Ei eine Stunde lang bei etwas über 60 Grad köcheln zu lassen, wie die Japaner das tun. Der Onsen-Koch unseres Vertrauens lässt die Eier in der Küche des «Storchen» ins heisse Wasser und in eine Spinatcremesuppe gleiten.
«Hamachi» wiederum ist eine Gelbschwanzmakrele. Die wiegt bis zu 100 Kilo. Der Hamachi-Koch unseres Vertrauens steht in der Küche des «20/20» und besorgt sich einen handlichen Fisch, den er «dünn, aber nicht zu dünn» aufschneidet, wie der Tester befriedigt feststellte. Für den «Gault/Millau» ist das Lokal «a place to be». Für den anderen wäre das wohl das «Gattopardo», ein italienisches Lokal im ersten Stock. Dort soll der Gast «Spaghetti mafiosi» versuchen.

Der Rüden kocht «mediterran»?
Lokaler geht es im «Rechberg» zu. Mit Ausnahme von Kaffee und Schokolade stamme alles aus hiesiger Produktion, weiss der «Gault/Millau», und Tiere würden «von A bis Z verkocht». Der Tester machte sich mit grosser Lust («exquisit») über «Chopf und Füess» vom Wollschwein her.
Im «Rüden» würde eine «mediterrane Crossover-Küche mit asiatischen und nordafrikanischen Einflüssen» geboten, schreibt der «Michelin». Von der Kunde überrascht, wenn nicht überrumpelt, sah sich der Schreiber die aktuelle Karte an. Der «Rüden» glänzt weiterhin mit Schweizer Spezialitäten, darunter das Züri-Gschnätzlete oder das «Muotathaler Kalbsduett». Bei dem treffen sich ein Kalbsbäggli und ein Kalbsschwanz zu einem letzten stillen Beisammensein. Bloss: Was ist daran mediterran?

Die Top-Restaurants
Für welche Lokale im Kreis 1 sollen wir uns denn nun aufhübschen und das dicke Portemonnaie einstecken? Bei den drei Spitzenbetrieben sind sich beide Gastrobibeln einig: «Pavillon» im Hotel Baur au Lac, «Sein» (je ein Stern) und der «Florhof». Der vierte – «Hato» an der Brandschen-kestrasse – ist allein dem «Gault/ Millau» 15 Punkte wert.
Weitere acht Lokale schafften es in beide Bibeln mit 14 oder weniger Punkten: «Bianchi», «Heugümper», «Kronenhalle», «Lindenhofkeller», «Orsini», «Reblaube», «Rive Gauche» und der flotte «Storchen». Das ist der mit dem Onsen-Ei.

René Ammann

René Ammann ist Redaktor beim Beobachter, der zur Ringier Axel Springer Schweiz AG gehört, der Herausgeberin des «Gault/Millau».