Prächtige Malereien entdeckt

Ein Augenschein im Haus Oetenbachgasse 5, das sich bei Umbauarbeiten als archäologische Fundgrube entpuppte.

Im Haus Oetenbachgasse 5, dem letzten des Ensembles, wenn man vom Rennweg heraufkommt, sind die Handwerker noch emsig am Werk. Doch die Umbauarbeiten sind weit fortgeschritten, das ist offensichtlich. Noch ragen zwar Kabel aus den Wänden, sind keine Küchen oder Bäder eingebaut. Doch sind schon Maler an der Arbeit, was auf das nahe Ende der Bauerei hindeutet. Tatsächlich soll dieses Haus schon ab Mai bezugsbereit sein.
Bei Unterkellerungsarbeiten, die durch die Kantonsarchäologie Zürich begleitet wurden, ist man auf Überreste eines Grabens zur Befestigung des Lindenhofes aus keltischer Zeit gestossen.
Die ältesten Teile der Oetenbachgasse 5 gehören zu einem Holzbau von 1519, im Jahr 1628 wurde aufgestockt, dann wieder 1674. Aus den Siebzigerjahren des 17. Jahrhunderts stammt der prächtige Saal im vierten Obergeschoss, dessen Ausmalungen ihresgleichen suchen. Die Wände hier sind Fachwerk, mit aufwendiger Begleitmalerei, so genannter Grisaille-Malerei, die auf eine plastische Wirkung zielt. Zum Beispiel sind stilisierte Nagelköpfe in Übergrösse zu erkennen. Die Decke ist bunt bemalt, Beschlagwerkmalerei, manieristisch marmoriert, im Stil der Renaissance. Zusammen mit dem gepflegten Parkettboden erzielt dieser Raum die Ausstrahlung eines edlen Rittersaales. Dieses Haus mit dem repräsentativen Saal, damals mit Ausblick auf das Oetenbachkloster (heute steht dort die Urania-Polizeihauptwache) hatte seinerzeit prominente Besitzer und Bewohner. Die hier eingerichtete Wohnung ist ein so genannter Duplex, eine Maisonettewohnung also, die im fünften Stock, dem Dachstock, ihre Fortsetzung findet. Bemerkenswerter Befund: Der Dachstuhl stammt von 1628, das darunter liegende Geschoss von 1674. Das heisst, der Dachstock wurde angehoben, es wurde eine Etage aufgestockt, und das Haus um eben diesen prächtigen Saal erweitert.

Die Oetenbachgasse 7 und 9 werden etwas länger eine Baustelle bleiben. Sie werden erschlossen über ein gemeinsames Treppenhaus mit Lift. Diese Häuser wurden in den 1920er Jahren nach den Bedürfnissen der Lerch Lift AG umgebaut. Auch hier entstehen Wohnungen, die allerdings erst ca. ab August bezugsbereit sein werden.
Alle drei Häuser sind im unteren Teil massiv gebaut, darüber Fachwerkbau, Riegelbau. Im ersten Stock der Nummer 9 befindet sich übrigens eine Fensterstütze aus Sandstein, künstlerisch gestaltet, die aus der Mitte des 16. Jahrhunderts stammt. Im Hof entsteht ein Atelier-Wohnraum. Den drei Häusern wird wieder auf der ganzen Länge der markante eingeschossige Vorbau mit gewerblicher oder Ladennutzung vorangestellt, zur Oetenbachgasse hin.
Eine Investorengruppe hat die drei zusammengebauten Häuser vor einiger Zeit gekauft und baut sie nun um. Verloren geht mit diesem Umbau günstiger Wohnraum. Die Häuser waren allerdings in schlechtem Zustand, und eine Renovation schien dringend angezeigt.
Gewonnen wird damit die Erhaltung Jahrhunderte alter Altstadthäuser. Der behutsame, respektvolle Umgang mit der Bausubstanz beim Umbau geschah in enger Zusammenarbeit mit der Archäologie und Denkmalpflege des Amtes für Städtebau der Stadt Zürich. Die Wohnungen, die preislich im gehobenen Segment liegen, sind übrigens die meisten schon vermietet, längst vor Abschluss der Bauarbeiten.

Elmar Melliger