Zum Weissen Wind: Zünftig, mit Kulturchilbi

Nach 31 Dienstjahren überlässt der leidenschaftliche Radsportler und Wirt Oscar Zünti das Weggen-Zunfthaus Zum Weissen Wind seinem Schicksal. Neu übernimmt Susanne Bochsler, deren Vater, Georges Bochsler, das Haus seit Ende 2002 gehört. An der Oberdorfstrasse 20 soll jedoch, gottlob, alles beim Alten bleiben, auch im 1. Stock.

Die um die 600 Jahre alte Liegenschaft hiess einst Haus zum Hering. Zum Weissen Wind(-hund) wurde sie erst 1756 umbenannt. 1836 kaufte ihn der Zürcher Küfermeister Johann Rudolf Koller, Onkel des Malers der berühmten „Gotthardpost“, und richtete eine Wirtschaft ein mit eigener Brauerei. Diese quartierte er dann aus und eröffnete ein „Bier-Local mit gedeckter Kegelbahn“.
Seit 1904 ist der Weisse Wind die Heimstatt der Weggenzunft. Von dort brechen die Männer ganz in Weiss jeweils auch auf, wenn sie am Sächsilüütemorgen aus dem obersten Stock des Grossmünsterschulhauses (heute theologisches Seminar der Uni) ihre Brötchen (Weggli) ins Volk hinunter schmeissen – ein bis heute beliebter Brauch! Auch Karl der Grosse hätte wohl nichts dagegen gehabt, denn die Versorgung seiner Leute mit allem Lebensnotwendigen lag ihm bekanntlich am Herzen, wie sein „Capitulare de villis“ beweist.
Doch zurück ins Zunfthaus. Im grossen Saal im 1. Stock wurde 1952 eine Bühne eingebaut. Diese wird seither mit kunterbunten Programmen bespielt. Die zünftigen Zünfter in ihren mittelalterlichen Kostümen sind ebenso präsent und willkommen wie schräge Vögel, Kleinkünstler, Schriftsteller, Newcomer, Blues Max, der Caveman und, immer ausverkauft, die Fränzlis von Tschlin. Das Cabaret Rotstift machte dort Furore, lange ist es her, in den sechziger Jahren tobte das Jazzfestival – unvergesslich - auf und hinter der Bühne, der auch sturzbetrunken noch weltmeisterlich hornende Tenorsaxophonist Dexter Gordon (1923-1990). Und der swingende spätere Oberrichter Buddha Scheidegger, mit den eben gewonnenen Frawa-Hemden und dem funkelnagelneuen Lenco-Plattenspieler unterm Arm...
Susanne Bochsler, die frischgebackene Zunft-Wirtin, will auch am eher deftigen kulinarischen Programm ihres Traditionshauses nichts ändern. Küchenchef Andy Egli wird weiterhin Suure Mogge auftischen und Hörnli mit Hackfleisch und Apfelmus. Bier wird in Strömen fliessen, Zunftwy, aber auch Schorle. Und wer sich am runden Stammtisch niederlässt, bleibt kaum lange allein. Reservieren ist ratsam.

Esther Scheidegger