Ernst Scheidegger, Verleger, Fotograf…

Er ist immer noch ein Bild von Mann – was ihm durchaus auch bewusst ist –, der bald 89-jährige, charismatische Ernst Scheidegger.

Sein 1962 gegründeter Verlag, den der Wahlzürcher Ende der Neunzigerjahre in einer tollen Symbiose mit dem leidenschaftlichen Büchermacher Heiner Spiess (1948-2006) nochmals neu erfand, ist an der Niederdorfstrasse 54 domiziliert.
Er ist eine Institution, eine Kulturoase im Quartier wie die Buchhandlung Calligramme, die Bibliotheken, das Kino Alba, das Neumarkt-Theater…
Hinter dem Schauspielhaus an der Wettingerwies führte Scheidegger viele Jahre eine Galerie, in einem Ernst-Gysel-Haus, in dem er auch wohnt. Vor ein paar Wochen wurde er mit der Goldenen Ehrenmedaille des Kantons Zürich ausgezeichnet.
Der gebürtige Emmentaler war, lang ists her, Schüler in der legendären Fotoklasse von Hans Finsler an der ehemaligen Zürcher Kunstgewerbeschule. Er arbeitete für die Fotoagentur Magnum, wie Werner Bischof (1916-1954) und Robert Capa (1913-1954), früh verstorbene Kollegen und Freunde.
Varlin porträtierte ihn in seinem Atelier am Neumarkt. Den Künstler Alberto Giacometti hatte Scheidegger 1943 im Bergell kennengelernt, als er dort Militärdienst leistete. Später ging er in Paris bei ihm aus und ein, er fotografierte keinen so intensiv wie ihn, aber auch Miro, Léger, Arp, Bill und Dalí. Picasso mochte er nicht, weil der (unter anderem) seinen Hund schlecht behandelte. Scheideggers Boxerhündin
hat es besser, sie darf, wie ihre Vorgängerinnen, zusammen mit ihrem Meister älter werden, dem auch seine geliebten Zigarren bis heute nicht verleidet sind.
Zum 50-Jahr-Jubiläum des Verlags erscheint im Herbst Scheideggers Klassiker: «Alberto Giacometti – Spuren einer Freundschaft» in einer neuen, mit bisher unveröffentlichten Archiv-Farbbildern erweiterten, zweisprachigen Ausgabe deutsch/ englisch und französisch/spanisch.

Esther Scheidegger Zbinden (mit dem Porträtierten nicht verwandt)

www.scheidegger-spiess.ch